Was
wollen wir - Inhalte 1. Einleitung 2. Erfahrungen 3. Hilfestellungen und Akzeptanz 5. Motivierte Pädagoginnen und Pädagogen 7. Keine Abschiebung von Kindern 8. Diskriminierung der Bildungs- und Integrationsarbeit 9. Werterziehung und Vorbildhaftigkeit 10. In der Herberge ist noch Platz 12. Subsidiarität
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Sie sind nicht gefragt
worden. Es war nicht ihre
Entscheidung. Ihrertwegen sind Mütter
und Väter geflohen. Weil Leben und Überleben, weil die Entwicklungschance
dieser Kinder bedroht war. Jetzt sind sie da.
Spielen, lernen, leben mit unseren Kindern. Haben unsere Sprache gelernt.
Besuchen unsere Kindergärten und Schulen. Viele Menschen aus unserer Gemeinde
haben sie in diesem neuen Leben unterstützt und gefördert. Wir tragen Verantwortung. Wir treten dafür ein, dass
sie bleiben dürfen. Jetzt sind wir gefragt. wir-brauchen-diese-kinder.at Seit 2004 werden im
Flüchtlingshaus „Maria Rast“ in Schruns Flüchtlinge aufgenommen und betreut.
Asylsuchende Familien und Einzelpersonen leben mittlerweile in Schruns und
Umgebung auch in Privatquartieren.
Menschen verschiedensten Alters, die aus ihren Heimatländern fliehen
mussten, haben hier im Montafon eine vorläufige Zufluchtsstätte gefunden. Befürchtungen, die bei der
Errichtung des Flüchtlingshauses geäußert worden waren, sind nicht
eingetreten. Das mag auch daran gelegen sein, dass sich von Anfang an eine
Gruppe von Einheimischen ehrenamtlich sowohl für menschenfreundliche
Bedingungen für die Aufnahmesuchenden eingesetzt, als auch um Information und
Kontakt mit den Bürgern der Gemeinde bemüht hat. Das hat die Akzeptanz
wesentlich verbessert. Hilfestellungen und
Akzeptanz Das Angebot an die
Flüchtlinge war breit: Kurse zum Deutsch-Lernen, Lern- und Hausaufgabenhilfen
für die schulbesuchenden Kinder, Mitarbeit bei der Organisation von
Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe, das Anbieten
von Foren zum Erzählen, zur Kommunikation, für gemeinsame Feste mit der
Ortsbevölkerung, künstlerische und kunsttherapeutische Projekte. Viele dieser
Flüchtlinge erleben in Schruns eine weit über Betreuung hinausgehende
Aufnahme. Durch Nachbarschaftshilfe, eine wichtige Maßnahmen die in
Vorarlberg ermöglicht wurde, entstehen Beziehungen zu vielen Einheimischen.
Schwer verständlich bleibt die Bestimmung, dass asylsuchende Erwachsene bis
zum Abschluss ihres Verfahrens faktisch ein Arbeitsverbot haben. Mit diesem
Verbot wird diesen Menschen wertvolle Lebenszeit gestohlen. Der erste Satz im
Artikel 23 der Menschenrechte lautet: Jeder hat das Recht auf Arbeit. Kinder in die Mitte Der Anteil an Kindern
jeden Alters ist hoch. Es sind Kinder dabei, denen hier zum ersten Mal in
ihrem Leben die lebensnotwendigen Grundbedürfnisse erfüllt werden. Die genug
Nahrung bekommen, im eigenen Bett schlafen, nicht täglich bedroht sind,
angstfrei mit anderen kommunizieren dürfen, Zugang zu Bildung haben, lernen
und sich entwickeln können. Die hier hilfsbereite Ärztinnen und Ärzte finden,
die sie medizinisch auf einem Standard betreuen, der in den Herkunftsländern
unbekannt ist. Motivierte Pädagoginnen und Pädagogen Die Kinder aus dem
Flüchtlingshaus, auch jene die mittlerweile in Privatquartieren wohnen, haben
das große Glück, dass sie in Kindergarten und Schulen auf engagierte
Pädagoginnen und Pädagogen treffen, die ihnen oftmals – mit beträchtlichem
zusätzlichem Zeitaufwand -
Unterstützung und Förderung zukommen lassen. Erstmals in ihrem Leben
erfahren diese Jüngsten so etwas wie Normalität. Die Erzieherinnen und
Erzieher in den Kindergärten und Schulen in Schruns werden durch eine
schwierige Aufgabe herausgefordert, der sie sich mit Engagement und Kompetenz
erfolgreich stellen. Die Sozialisation von jungen Menschen aus verschiedenen
Kulturen, der Erwerb der deutschen Sprache, die Traumatisierungen vieler
Kinder waren und sind nicht einfach und schnell zu bewältigende Hindernisse
für erfolgreiches schulisches Lernen und Sozialisation. Umso erstaunlicher
die gute Entwicklung vieler Kinder, die vom Einsatz ihrer Bezugspersonen
profitieren. Die meisten dieser Mädchen und Buben sind dank dieser
erzieherischen und sozialtherapeutischen Bemühungen sehr gut integriert.
Nicht wenige ihrer Eltern arbeiten in der Schulgemeinschaft mit. Uns gehen die Kinder aus Dass wir immer weniger
Kinder haben, können alle Schulen im Montafon bestätigen. Tatsache ist: Uns
gehen die Kinder aus. Es ist äußerst paradox,
wenn in dieser Zeit Kinder, die schon längere Zeit hier leben, deren Eltern
sehnlichst wünschen, da bleiben zu dürfen, ausgewiesen und abgeschoben
werden. Das sind Kinder, deren Hoffnung, an diesem Leben auf Dauer teilhaben
zu dürfen, auch durch die Länge der Verfahren, für das sie keinerlei
Verantwortung trifft, genährt wurde. Das sind Kinder, die Zuneigung,
Unterstützung und Förderung durch Mitschülerinnen und Klassenkameraden,
Lehrpersonen, Aufgabenhelfer erleben durften, die ihre entscheidenden
Entwicklungsjahre prägen. Das bekommt besondere Bedeutung durch den Umstand,
dass nicht nur die hier geborenen Kinder oft keinerlei Beziehung zu einem
Land haben, das ihre Mütter und Väter ausstieß. Keine Abschiebung
von Kindern Mit großer Freude werden
von den Helfern positive Entwicklungen, Spracherwerb, Einfügen in die
Gemeinschaft, eine Stabilisierung der physischen und psychischen Gesundheit
festgestellt. Es schmerzt und macht
äußerst betroffen, wenn die schulisch und vorschulisch verantwortlichen
Erzieher erleben müssen, dass ihre Schützlinge ausgewiesen werden, zurück in
ein in mehrfacher Hinsicht bedrohtes Leben, aus dem ihre Eltern auch aus
Verantwortung für ihre Kinder flüchteten. Artikel 6 der
Kinderrechtskonvention, die im Vertragsstaat Österreich 1992 in Kraft
getreten ist, besagt, dass jedes Kind ein angeborenes Recht auf Leben,
Überleben und auf bestmögliche Entwicklungschancen hat. Diese Rechte sind für
viele Kinder bei Ausweisung oder Abschiebung in höchstem Maß gefährdet. Diskriminierung der
Bildungs- und Integrationsarbeit Die Ausweisung von
Schulkindern wird von vielen Erzieherinnen und Lehrern auch als
Diskriminierung ihrer Bildungs- und Integrationsarbeit erlebt. Und welches
Beispiel geben wir unseren eigenen Kindern? Unsere Kinder verlieren
Schulkameraden, Freundinnen, Spielgefährten. Das geschieht unvermutet,
belastet und macht Angst. Weder Eltern noch Lehrpersonen können die Fragen
dieser Mädchen und Buben nach dem Warum beantworten. All das erinnert uns an
eine furchtbare Zeit unserer jüngeren Vergangenheit. Werterziehung und Vorbildhaftigkeit Uns allen ist eine
Erziehung wichtig, die auf Werten und Menschenrechten beruht.
Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme, die Bereitschaft zum Teilen, Solidarität
mit Notleidenden, Mitmenschlichkeit und Geschwisterlichkeit müssen wir
vorleben. Die Verantwortung für den Mitmenschen endet nicht an der
Staatsgrenze. Wir wünschen uns und
setzen uns dafür ein, dass Kinder zu weltoffenen, toleranten Erwachsenen
werden. Wir wünschen uns für die Heranwachsenden verantwortungsbewusste
Begleiter, die mit Zivilcourage für eine offene Gesellschaft eintreten und
der sich ausbreitenden Fremdenfeindlichkeit entgegen treten. Wer schweigt,
stimmt zu. Es sind prägende Erfahrungen für „unsere“ Kinder, wenn die
Beziehungen zu Schulkameraden, Freundinnen, Spielgefährten durch staatliche
Macht abgerissen werden. In der Herberge ist noch Platz Wir setzen uns für Kinder
ein, von denen viele bereits jetzt zwei Sprachen sprechen - drei, wenn man
den Dialekt einschließt. Es sind Kinder, deren Eltern Integration wünschen,
erkannt haben, dass Deutschkenntnisse den wichtigsten Schlüssel dazu bilden.
Es sind dies Eltern, die in der Zeit ihres Hier-Seins nie ein Gesetz
übertreten haben. Von denen aber nicht wenige darunter leiden, dass sie den
Nachweis erlittener Gewalt, physischer und psychischer Folter vor dem
Asylgericht nicht zweifelsfrei nachweisen können. Niemand von diesen
Flüchtlingen hat das Ursprungsland freiwillig verlassen. Mütter und Väter leiden,
wie schon gesagt, unter einem per Weisung auferlegten Arbeitsverbot, leiden
darunter, dass sie keine Möglichkeit haben, den Unterhalt für ihre Familie
selbst zu erbringen. Dieses Verbot schafft eine paradoxe Situation, die
unverständlich bleibt. Gilt doch der Nachweis eines Arbeitsplatzes als
wichtiges Kriterium der Integration bei der Gewährung des Bleiberechts, ist
„Selbsterhaltungsfähigkeit“ eine Voraussetzung, beim gewünschten Recht auf
Aufenthalt von Dauer. Ein Vorarlberger-Weg! In Vorarlberg haben
mutige, vorausschauende Frauen und Männer schon oft eigene Wege beschritten,
um Probleme zu lösen. Da Österreich keine EU-Außengrenze hat, ist gesichert,
dass kaum mehr Flüchtlinge nachkommen werden. Für diese muss es den Behörden
möglich sein, die Anträge rasch zu prüfen. Für jene Kinder und
Eltern, die schon längere Zeit bei uns sind, für die wir mitverantwortlich
sind, fordern wir ein Recht auf
Bleiben. Wenn es die staatlichen Behörden nicht geschafft haben, in einer
menschlich zumutbaren Zeit zu Entscheidungen zu kommen und damit die
Betroffenen unverantwortlich lange in quälender und krankmachender
Ungewissheit ließen, dann besteht eine Bringschuld des Staates. Eine
Bringschuld, die mit einem Bleiberecht beglichen werden muss. Wir fordern die
Anerkennung des Subsidiaritäts-Prinzips. Wenn viele Frauen und Männer unserer
Gemeinde, die Verantwortung tragen und Verantwortung übernehmen wollen, dann
müssen sie in einer demokratischen Zivilgesellschaft auch politische
Unterstützung einfordern. In unserer Gemeinde sind viele Menschen bereit,
diese Verantwortung zu übernehmen und die Asylsuchenden weiter auf dem Weg zu
einer vollen Integration zu begleiten. Dass es Schwierigkeiten und Probleme
geben kann, wissen wir. Wir sind aber auch überzeugt, dass sie im und vor Ort
lösbar sind. Wir glauben, dass das soziale Netz, das geknüpft wurde,
tragfähig ist. Wir brauchen diese Kinder Wir treten nicht für eine Automatik
beim Bleiberecht ein. Aber ein zeitliches Limit der Aufenthaltsdauer für den
Anspruch auf ein Bleiberecht schafft oftmals willkürliche Härten. Wir
wünschen uns eine weiter gefasste Regelung insbesonders für Familien mit
Kindern, weil wir überzeugt sind, dass dies im Interesse der Gemeinschaft
ist. Wir brauchen diese Kinder. Und diese Kinder brauchen
uns. |
Schrunser Plattform „Wir brauchen diese Kinder“ info@wir-brauchen-diese-kinder.at |